Heute habe ich mir für meinen Blogartikel ein doch sehr emotionales Thema herausgesucht, an welches viele nicht wirklich gerne denken wollen – der Umzug ins Betreute Wohnen.
Was, wenn es einfach Zuhause nicht mehr alleine geht?
Eine liebe Kundin, die ich schon vor vielen Jahren beim Umbau und der Renovierung ihrer Wohnung begleite durfte, rief mich an und bat um einen Termin. Vor Ort war sie dann mit Ihrem Neffen und es ging um den Umzug ins Betreute Wohnen in das örtliche Alters- und Pflegeheim.
Dass sie den Schritt gehen muss war ihr seit langem klar, hatte sie doch vor einigen Jahren die Diagnose Parkinson erhalten. Eigentlich hatte sie geplant, den Umzug noch etwas hinauszuschieben, doch ein Sturz, bei dem die Hilfe erst am Morgen kam und der Anruf, dass ein Platz frei wäre und sie sich innerhalb von einem Wochenende entscheiden müsse, hat sie die Entscheidung für Jetzt treffen lassen.
Der Umzug ins Betreute Wohnen ist mehr als nur ein Ortswechsel – er ist ein emotionaler Schritt, der mit gemischten Gefühlen verbunden ist. Zum einen bedeutet er Sicherheit und Entlastung, zum anderen Abschied vom langjährigen Zuhause.
Es ist ein sensibler Prozess – voller Erinnerungen, Entscheidungen und kleiner, großer Fragen: Was darf mit? Was brauche ich, damit sich der neuer Ort wie ein echtes Zuhause anfühlt?
In diesem Beitrag möchte ich dir zeigen, wie wir diesen Übergang gemeinsam gut gestaltet und geplant haben.
Der erste Eindruck vom neuen Zuhause
Von 90 m² auf 45 m² – es ist klar, es kann nicht alles mit und doch soll der neue Lebensabschnitt schön gestaltet werden.
Meine erste Aufgabe war, dass wir uns gemeinsam das 1 1/2 -Zimmerappartement angesehen haben.
Ich gebe wirklich zu, bis zu dem Zeitpunkt (vor inzwischen 3 Jahren) , hatte ich noch nicht viel Einblick, wie ein Alters- und Pflegeheim mit Betreutem Wohnen aussieht und wie hier die Abläufe sind. Klar, aus meiner Beschäftigung mit der Wohn- und Architekturpsychologie mit Schwerpunkt Wohnen im Alter, hatten wir das in der Theorie schon oft analysiert. Aber wenn es jetzt wirklich darum geht, das hat nochmals eine weitere Qualität, die mich auch emotional berührt hat.
Bei unserer ersten Besichtigung standen noch die Möbel der Vorbewohnerin im Appartement – im ersten Moment ein seltsames Gefühl, aber so ist das Leben.
Schnell fokusierte sich mein Blick auf die Gegebenheiten – Küche, Bad, vorhandener Einbauschrank, Durchgang zum Schlafbereich, Fenster, Licht, Aussicht, Boden, vorhandene Materialien – eine erste Bestandsaufnahme und um ein erstes Gefühl für den Raum zu bekommen.
Meine Kundin stand mit ihrem Rollator neben mir und was ihr wirklich im Kopf herumgegangen ist, kann ich nur vermuten. Wir haben beide den Raum auf uns wirken lassen und waren dann auch schnell wieder draußen. Beim nächsten Besuch, war es dann schon besser, alles war leergeräumt, frisch gestrichen und geputzt.

Welche Möbel dürfen mit?
Jetzt ging es darum, welche Möbel dürfen mit und was passt wohin? Schnell war klar, was unbedingt mit muss: Das große Bücherregal (mit vielen Büchern), der Schreibtisch, der verstellbare Lesesessel, Bett und Schrank.
Das Sofa (von dem sie schon länger nicht mehr hoch kam), der runde Esstisch (der zu groß war im neuen Zuhause), ein großes Buffet und diverse Kleinmöbel – dafür wird es keinen Platz mehr haben.
Meine Aufgabe war somit als erstes die Möbel so im Appartement anzuordnen, dass ein harmonisches Ganzen entsteht. Herausfordernd natürlich auch, dass die Wege im Raum so vorhanden sind, dass sie mit Rollator gut begehbar sind.
Wir hatten wirklich Glück, dass sich die vorhandenen Möbel wirklich gut in den Raum einplanen ließen.
Der Schreibtisch mit Blick nach draußen, der Platz für den Einzelsessel mit Ausrichtung zum Fenster und zum TV, die Bücherecke, vor der dann ein neuer Esstisch Platz findet. Und wenn man am Esstisch sitzt, hat man den ganzen Raum im Blick.
Ebenfalls passte der Kleiderschrank, wie gemacht in die vorhandene Nische, genauso wie das Bett. Und gerade beim Bett hatten wir auf ein Standard-Pflegebett verzichtet – sie hatte ein schönes Holzbettgestell, in welches ein Pflegerahmen hineingestellt wird – somit war die Optik schon mal sehr wohnlich.

Farbe verändert Räume
Beim nächsten Termin hatten wir die Heimleitung getroffen und erzählt, dass wir jetzt das Farbkonzept für das Appartement aussuchen. (Bei den Appartements des Betreuten Wohnens, ist es möglich, dass man die Wände und Einrichtung selbst gestaltet – im Gegensatz zum Alters- und Pflegeheim, wo die Grundausstattung – Bett, Schrank, Nachttisch fix sind und die Wände neutral bleiben und man nur reduziert persönliche Dinge mitbringen kann).
Der Schlafbereich sollte passend zu den Kirschbaummöbeln einen feinen Grün-Ton bekommen und der Wohnbereich einen warmen Sand-Ton.
Die Heimleitung hatte sich gefreut, dass endlich einmal Räume mit Farbe gestaltet werden – sind doch die meisten Zimmer „nur“ weiß, was mir mal wieder gezeigt hat, wie wichtig hier rechtzeitige Beratung wäre!
Ein Blick aus der Wohnpsychologie zum Thema Weiß als Wandfarbe im Raum:
- Große weiße Flächen bieten kaum optische Ankerpunkte. Das kann bei längerem Betrachten für das Gehirn zu langweilig werden, sodass wir die Orientierung verlieren. Gerade für Menschen die eingeschränkt beweglich sind kann diese Monotonie zusätzlichen Stress bedeuten.
- Ebenfalls können Lichtreflexion auf weißen Wänden und glänzenden Oberflächen zu sehr blenden. In Kombination mit unterschiedlicher Sonneneinstrahlung oder künstlicher Beleuchtung kann das Auge dadurch ermüden und Kopfschmerzen begünstigen.
- Farben wirken unmittelbar auf unsere Stimmungen und Emotionen. Weiß allein bietet kaum Stimmungstiefe – es fehlt der beruhigende oder aktivierende Einfluss, den andere Farbtöne vermitteln können.
- Und ohne gezielte Farbakzente verschwimmen Grenzen zwischen Wand, Decke und Boden. Gerade ältere Menschen mit nachlassender Seh‑ und Tiefenwahrnehmung profitieren von unterschiedlichen Farbzonen, um sich sicher im Raum zu orientieren.

Wovon muss man sich trennen?
Nachdem die Ideen, wie das neue Zuhause einmal werden soll, immer konkreter geworden sind, fängt jetzt der beschwerliche Teil an – das Aussortieren, Weitergeben, Loslassen von Dingen, die einen viele Jahre begleitet haben.
Meine Kundin hat das wunderbar gemacht – nach anfänglichem Überlegen und sicherlich auch Hadern, war sie irgendwann im Flow und hat sich von vielen Dingen leicht getrennt.
Ihre ganze Familie durfte sich das aussuchen, was sie gerne hätten – ohne Druck und Stress. Es ging einfach darum, dass jeder das nimmt, was zu im passt oder was ihm gerade fehlt. Somit haben die vielen Gläser neue Besitzer bekommen, auch über das gelbe Ledersofa hatte sich die Nichte gefreut. Geschirr, Töpfe, Vasen und die vielen „Weiß-nicht-wohins“ haben einen neuen Platz gefunden.
Herausfordernder war die Frage, was muss und darf mit?
Viele Ordner mit Fotos ihrer Reisen – denn genau das ist es, wohin sie jetzt in Erinnerung „reisen“ kann, standen ganz oben auf der Liste.
Bilder zu denen sie alle eine Geschichte erzählen kann, durften auch mit. Bilder von Reisen, Bilder die sie von lieben Menschen geschenkt bekommen hat, Bilder mit Geschichten.
Beim Geschirr wurde gnadenlos aussortiert, da man nicht mehr mit 10 Gästen zu rechnen hat
Töpfe und Pfannen wurde ebenfalls auf ein Minimum reduziert, ebenfalls das Besteck.
Die Bücher waren eine große Herausforderung – wurden hier tatsächlich die Laufmeter Regalflächen ausgerechnet und dann mit den möglichen Büchern abgeglichen – und am Ende mussten doch noch einige zurückbleiben.
Ebenfalls wurde der Kleiderschrank gnadenlos ausgemistet, sodass nur noch passende und gerne getragene Kleidungsstücke mit durften.
Mitgenommen wurden auch viele kleine Erinnerungsstücke, die auf dem Regal oder auch in einer Box jederzeit herausgenommen werden können.
Was bleibt sind die Erinnerungen
Dieses Aussortieren und Entscheiden hat mir sehr gut gezeigt, dass die Erinnerungen das eigentlich Wertvolle im Leben sind. Und wir können jetzt schon beginnen diese Erinnerungen zu sammeln.
„Collect beautiful moments“ – einer meiner Lieblingssprüche.

Der Tag des Umzugs
Dann war es soweit. Das Appartement war frisch in grün und sand gestrichen, alles war geputzt und vorbereitet. Die Kisten wurden vom Umzugsunternehmen gepackt, genau beschriftet und die vorhandenen Möbel wurde abgebaut, transportiert und gleich wieder aufgebaut. Wir hatten alles wirklich gut geplant, sodass meine Kundin am Abend in eine einigermaßen geordnete neue Wohnung einziehen konnte.
Jeder der schon einmal umgezogen ist, weiß, wie kräftezehrend solch ein Umzug sein kann und wenn man gesundheitlich angeschlagen ist, heißt es doppelt darauf achten, dass man sich genügend Zeit zum Erholen gibt.
Beim Umzug wurden jetzt genau die Dinge ersteinmal eingepackt die auf alle Fälle einen neuen Platz bekommen werden. Die alte Wohnung blieb noch den Rest des Monats wie sie war – leer geräumt mit noch übrigen Möbeln und ein paar Dingen, die noch nicht entschieden waren. So konnte auch nach einer Woche des Umzugs ein paar weitere Dinge mit umziehen und zurückbringen.
Und dann hieß es für den Wohnungsauflöser, dass die Wohnung jetzt vollends leer geräumt werden kann. Nicht alle Möbel hatten einen neuen Besitzer gefunden und mussten letztendlich entsorgt werden, obwohl sie eigentlich noch gut waren.
Das ist immer kein schöner Moment, wenn Dinge und Möbel einfach nicht mehr gebraucht, gesucht, verwendet werden, aber so ist der Lauf der Dinge und auch hier heißt es LOSLASSEN, damit Neues entstehen kann.
Ankommen im neuen Zuhause
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne… auch wenn es ins Betreute Wohnen geht.
Sich nochmals neu ein-richten in neuen Räumen. Seine liebgewordenen Dinge um sich ordnen und alle nochmals in die Hand nehmen. Sich freuen, an der neuen Aussicht und neugierig sein, wie sich das neue Zuhause anfühlt. Was passt und was muss noch verrückt werden? Wir hatten gut geplant, somit war schnell klar, dass hier die Raumaufteilung gut gewählt war.
Und wenn man es sich dann auch schön macht, dürfen auch ein paar neue Möbel nicht fehlen. Somit zog ein neuer kleiner Esstisch ein und auch eine neue Kommode. Inzwischen wurde auch der heiß geliebte gelbe Ledersessel in einen neuen Lesesessel mit Aufstehhilfe ausgetauscht, denn es geht ja darum, dass man sich das Leben so leicht wie möglich macht – und zwar jetzt erst recht!
Nachdem meine Kundin dann in ihrem neuen Zuhause angekommen war, war es dann auch Zeit ihre Bilder an den Wänden aufzuhängen. Sie hatte sich hier bereits ganz genau überlegt, welches Bild sie wohin hängen möchte und so haben wir es dann auch gemacht. Als nächstes kamen noch Blumen an den Balkon und wurden die Räume Stück für Stück zum neuen Zuhause.
Wohnen ist ein sich ständig wandelnder Prozess und man kann es sich immer schön machen, wenn man offen ist für Neues – auch wenn es anders ist.

Noch ein paar Tipps für Dich
Nachfolgend habe ich dir noch ein paar hilfreiche Tipps zusammengestellt – für denjenigen der umzieht, aber auch für die Angehörigen:
1. Vorbereitung: Raum für Emotionen und Entscheidungen
- Sprecht offen, ehrlich und einfühlsam mit allen Beteiligten darüber, was der nächste Schritt ist und weshalb er wichtig ist um entlastet zu sein und sich sicher zu fühlen.
- Schaut euch die neue Wohnung in Ruhe an, um ein Gefühl dafür zu bekommen.
- Dann gilt es Lieblingsstücke und Erinnerungen zusammenzutragen, die unbedingt mit müssen.
- Das Loslassen von allem anderen gelingt leichter, wenn sie in gute Hände gegeben werden, also hier gerne weitergeben, weiterverkaufen, verschenken – schenken macht übrigens glücklich!.
- Wer sehr an seinem Zuhause hängt, dem hilft es auch ein kleines Fotobuch anzulegen, in dem man immer mal blättern kann – Achtung dieses sollte VOR dem Ausräumen gemacht werden!
- Ein maßstabsgerechter Wohnungsplan hilft ungemein, die Möbel einzuplanen und auch den notwendigen Platz zu berücksichtigen. Gerne unterstützte ich dich dabei!
2. Auswahl & Mitnahme: Was schafft Geborgenheit?
- Welche Lieblingsmöbel schaffen für mich Geborgenheit?
- Welche persönlichen Textilien, Decken, Kissen etc. möchte ich auch in Zukunft um mich haben?
- Bilder, Fotos, Erinnerungsstücke mit positiver emotionaler Bedeutung dürfen immer mit!
- Hier darf man nochmals ganz bewusst aussortieren, mit was man sich wirklich umgeben möchte.
3. Gestaltung des neuen Zuhauses: Orientierung & Wohlgefühl
- gutes Licht ist natürlich wichtig, gerade wenn man sich viel im Raum aufhält – warmes Licht, blendfrei, gut steuerbar
- ein schönes Farbkonzept: harmonisch, beruhigend, aktivierend je nach Bedarf
- und ist der Raum auch noch so klein, es sollte eine klare Zonierung: Schlafen, Sitzen, Aufbewahren – geben und alles sollte leicht erreichbar sein
- Auch wenn Teppiche Räume wohnlich machen, manchmal geht Sicherheit vor und man muss darauf verzichten.
- die vorhandenen Möbel sollten dann leicht bedienbar sein und es dürfen auch neue Möbel gekauft werden!
- und mit der neuen Smarten Technik, lassen sich Licht, Jalousiene, Musik etc. leicht steuern
4. Psychologisches Ankommen: Bindung zum neuen Ort aufbauen
- Ankommen ist ein Prozess, der Zeit braucht nimm dir die Zeit
- Hier helfen gewohnte Tagesstrukturen
- Neugierig sein und die neue Umgebung erkunden
- Und auch Kontakt zu Freunden halten
- Und es sich bewußt schön machen – vielleicht mit einem wöchentlichen frischen Blumenstrauß
Vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit einer Frau, deren Schwiegermutter auch ins Betreute Wohnen umgezogen ist, und sie hat sich nochmals komplett neu eingerichtet und einen kompletten Neuanfang gemacht. Nichts von den alten Möbeln hat sie mitgenommen, sondern sie hat sich nochmals den Traum von ihrem persönlichen Mädchenzimmer erfüllt. Ich finde das ist auch ein schöner Gedanke!
Auch wenn das heute ein anderes Thema war, so hat mich dieser Planungsauftrag doch sehr berührt und wirkt immer noch nach. Auch weil wir jetzt gerade dabei sind meine Schwiegermutter in ein Pflegeheim umzuziehen, hier hat man leider nicht so viele Gestaltungsmöglichkeiten, wir werden es ihr hier aber auf alle Fälle schön machen.
Und auch hier gilt es wieder die eigenen Wohnbedürfnisse zu überprüfen, denn diese können sich im Laufe des Lebens wandeln und verändern – wenn du mehr dazu lesen möchtest dann hier entlang:
Zum Blogartikel: Meine 6 Wohnbedürfnisse
Ich hoffe, ich konnte dir ein paar Impulse geben, dass auch solch ein Neu-Anfang seine guten Seiten haben kann und man es sich hier erst recht schön machen soll!
Du möchtest den Schritt auch nicht alleine gehen oder du möchtest für deine Angehörigen ein neues schönes Zuhause gestalten? Dann melde dich gerne bei mir!
LG
Jeanette

Wer hier schreibt…
Jeanette Neidhardt-Rosenberger
Interior Designerin I Lichtplanerin I Feng Shui Beraterin I Fachplanerin für Wohn- und Architekturpsychologie
Meine Welt ist seit mehr als 30 Jahren das Gestalten von Räumen für meinen Kunden – persönlich, individuell, auf Maß – so dass aus deiner Wohnung dein Zuhause entsteht.
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